Mein Krakau

krakauSeit seinem Studium lässt Krakau den ostpol-Autor Martin Brand nicht mehr los: Die wunderschöne Altstadt, das jüdische Viertel Kazimierz und beeindruckende Museen machen Krakau zu Polens heimlicher Kulturhauptstadt.

Krakau ist eine Stadt mit faszinierend leichtem Flair. Als ich die Stadt vor einigen Jahren an einem sonnigen Sommerwochenende das erste Mal besuchte, war ich so begeistert von Polens heimlicher Hauptstadt der Kultur, dass ich sodann beschloss, bald zurückzukehren, um an der Weichsel zu studieren. Seit dieser Zeit lässt mich Krakau nicht mehr los.

Was muss man in Krakau gesehen haben? Natürlich den Wawel, die sagenumwobene und geschichtsträchtige Burg, von der aus man weit über die Weichsel blicken kann. Dann die wahrhaft betagte Altstadt, wo Touristen und Einheimische in hunderten Kneipen, Cafés, Clubs und Restaurants das Leben feiern. Schließlich Kazimierz, das jüdische Viertel, das zwar noch immer etwas verfallen aussieht, mit seinen vielen Cafés und Bars aber längst zum Szeneviertel avanciert ist. Und natürlich Krakaus beeindruckende Museen!

Geschichtsmuseum in Oskar Schindlers Fabrik

Man mag Museen ja bisweilen etwas langweilig finden, in Krakau aber ist das ganz anders. Da gibt es zum Beispiel die moderne, multimediale Ausstellung „Unter dem Markt“, die kurzweilig und eindrucksvoll vom Leben im mittelalterlichen Krakau erzählt. Noch lohnenswerter ist ein Besuch in der ehemaligen Emaillefabrik von Oskar Schindler, der mehr als 1.200 jüdischen Zwangsarbeitern das Leben rettete. Das dortige Museum zeigt aber weitaus mehr, nämlich die gesamte Geschichte der deutschen Okkupation Krakaus während des Zweiten Weltkriegs. Und gleich nebenan steht das jüngste Krakauer Museum. Es präsentiert moderne Kunst – und zwar so, dass sich selbst ausgesprochene Kunstmuffel kurzweilig unterhalten fühlen.

Wer ein paar Tage länger in Krakau weilt, sollte sich einmal in die Straßenbahn Nr. 4 oder 10 setzen und nach Nowa Huta fahren. Noch ist die einstige sozialistische Musterstadt, die in den 1950er Jahren für die Arbeiter des Lenin-Stahlwerks erbaut wurde, bei Touristen nicht sehr beliebt. Aus meiner Sicht aber völlig zu Unrecht! Die breiten, symmetrisch angeordneten Straßen und die grau verputzten Wohnblöcke – architektonisches Aushängeschild des Sozialistischen Realismus – haben durchaus ihren eigenen Charme. Man muss ja nicht gleich einen ganzen Tag dort verbringen.

Am Abend locken dann die Kneipen in der Altstadt und in Kazimierz mit Live-Musik. Bei einem Jazz-Konzert im Kellergewölbe von Harris Piano Jazz Bar wird man dann einen Plan ganz sicher schmieden: Noch einmal mit etwas mehr Zeit nach Krakau zurückzukommen.

Infos

Essen
In einem Kellergewölbe aus dem 16. Jahrhundert auf der ältesten Straße Krakaus befindet sich das „Smak Ukrainski“. Dort wird leckeres polnisch-ukrainisches Essen serviert. Mein Tipp: Das Schweinskotelett nach Lemberger Art mit Pflaumen und Apfelmus ist sehr lecker. ul. Kanonicza 15, www.ukrainska.pl

Übernachten
Das „Tango House“ ist echter Geheimtipp für Musikfreunde: In den stilvoll und individuell eingerichteten Zimmern dieses kleinen Bed and Breakfast, in einem Hinterhof der historischen Altstadt gelegen, kommen auf Wunsch jederzeit Tangorhythmen aus den Lautsprechern. Kein Wunder: Betreiber des Hauses ist der Tangotänzer Marcin Miszczak. ul. Szpitalna 4, www.tangohouse.pl

Heiße Schokolade
Die „Nowa Prowincja“ ist mein Lieblingscafé. Denn dort verweilt man bei Kerzenlicht und einer heißen Schokolade gerne länger. Und mit heißer Schokolade ist tatsächlich dickflüssige, geschmolzene Schokolade gemeint. Herrlich! ul. Bracka 3–5

Jazz-Keller
Fast jeden Tag wird im Kellergewölbe am Hauptmarkt klassischer Jazz, Blues oder Rock ’n’ Roll gespielt. Samstags treten Jazzgrößen aus Polen und dem Ausland auf. Rynek Glowwny 28, www.harris.krakow.pl

Erschienen bei: ostpol – Das Osteuropamagazin, 22. August 2013

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.