Das ostgalizische Lemberg gilt als Wiege des polnischen Fußballs. Hier findet 1894 das erste Spiel zwischen zwei polnischen Städten statt, in den 1920er Jahren ist der legendäre Verein Pogoń Lwów das Maß aller Dinge im polnischen Fußball und in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg lernt die polnische Trainerlegende Kazimierz Górksi in Lemberg das Kicken. Die Stadt ist vor dem Krieg aber auch ein multikultureller Schmelztiegel und die ethnische Vielfalt Lembergs spiegelt sich im Fußball des frühen 20. Jahrhunderts wider, als Vereine entlang nationaler Volkszugehörigkeit gegründet werden.
Von Robert Kalimullin und Martin Brand
„Gemeinsam Geschichte schreiben“ – unter diesem Motto findet im Juni 2012 die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine statt. Im westukrainischen Lemberg (poln. Lwów, ukr. L’viv) werden drei Vorrundenspiele ausgetragen, darunter gleich zwei Partien der deutschen Nationalmannschaft. Wohl kaum ein Ort ist besser geeignet, die gemeinsame polnisch-ukrainische (Fußball-)Geschichte zu illustrieren, als die geschichtsträchtige Stadt an der ukrainisch-polnischen Grenze.
Wie der Fußball nach Lemberg kam
Lemberg ist Ende des 19. Jahrhunderts Hauptstadt des Kronlandes Galizien und Lodomerien, einer Provinz der österreichisch-ungarischen k. und k. Monarchie. Es ist eine multikulturelle, vielsprachige Stadt. Ein bunter Fleck im Osten Europas, eine kleine Filiale der großen Welt, wie der österreichische Schriftsteller Joseph Roth schwärmt. Jeder zweite Einwohner ist Pole, gut ein Viertel Juden und knapp ein Fünftel Ukrainer. Das ostgalizische Lemberg ist in jener Zeit ein Zentrum der polnischen Kultur, aber auch Wiege der ukrainischen Nation. Polen jedoch existierte seit der dritten Teilung zwischen Preußen, Russland und Österreich 1795 nicht mehr auf der europäischen Landkarte. Eine ukrainische Nationalbewegung formierte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Im 19. Jahrhundert blühte der Nationalismus in Europa auf, und dank der liberalen österreichischen Nationalitätenpolitik konnten die nationalen Bestrebungen der Polen in Galizien besser gedeihen als in den anderen Teilungsgebieten. Eine bedeutende Funktion im Bestreben nach nationaler Selbstbehauptung und Unabhängigkeit übernahmen die Turnbewegungen „Sokol“ (Falke), die sich bei allen slawischen Nationen ohne eigenen Staat ausbreiteten. In Lemberg entstand 1867 der erste polnische „Sokół“-Verein, der sich ab den 1880er Jahren sehr dynamisch entwickelte. Ziel dieses Turnvereins war die körperliche Ertüchtigung der polnischen jungen Männer, die zugleich zum nationalen Patriotismus erzogen wurden. Im Auftrag der Stadt richtete der Lemberger „Sokół“ den Turn- und Gymnastikunterricht in den Schulen aus. Erst 1894 wurde als Pendant zum polnischen „Sokół“ der ukrainische Turnverein „Sokil Bat’ko“ gegründet.
Pionier des Fußballs in Lemberg war Professor Edmund Cenar (1856–1913), Dozent an einem Lemberger Lehrerseminar und enthusiastisches Mitglied des Lemberger „Sokół“. Im Jahre 1891 veröffentlichte er ein Buch über Gymnastikspiele für die Schuljugend, in dem er die grundlegenden Regeln des Fußballs erstmals aus dem Englischen ins Polnische übersetzte. Ein Jahr später soll er den ersten echten Lederball von einer Reise nach England mitgebracht haben. Ursprünglich wollten einige Gymnasiallehrer in Lemberg erstmals 1892 auf dem ersten Verbandstreffen der polnischen „Sokół“-Bewegung das Fußballspiel öffentlich vorführen, wozu es aus ungeklärten Gründen jedoch zunächst nicht kam. Etwa zur gleichen Zeit führte der Krakauer Arzt und Universitätsprofessor Henryk Jordan (1842–1907) das Fußballspiel in Westgalizien ein. Er hatte es von seinen Reisen nach Deutschland und Großbritannien mitgebracht und engagierte sich in Krakau für die körperliche und national-patriotische Erziehung der jungen Polen.
Die öffentliche Premiere eines Fußballmatches fand schließlich auf dem zweiten Verbandstreffen des polnischen „Sokółs“ 1894 in Lemberg statt: An dem lauen Samstagnachmittag des 14. Juli treten um 17.00 Uhr die „Sokół“-Mannschaften aus Lemberg und Krakau vor gut zehntausend Zuschauern im Lemberger Stryjski-Park zum Fußballspielen an. Teilnehmer berichten von einem chaotischen Spiel. Weder Zuschauer noch Spieler kennen sich recht mit den Regeln aus. Die Spieler wissen nur eins: der Ball muss irgendwie zwischen den Fahnenstangen des Gegners untergebracht werden. Es geht wild hin und her beim Kampf um den Ball, doch nach sechs Minuten erzielt Włodzimierz Chomicki – aus abseitsverdächtiger Position – das 1:0 für die Gastgeber. Nach dem Tor wird die erste Fußballpartie der Stadt jedoch beendet und Platz gemacht für die Gymnasten, die dem Publikum ihre Gruppenübungen demonstrieren. Der aus Krakau stammende Schiedsrichter Prof. Zygmunt Wyrobek und die Krakauer Mannschaft protestieren vergeblich.
Wenn Nationalitäten Vereine gründen
Nach dieser ersten, recht kurzen Demonstration des Fußballspiels dauerte es noch fast ein Jahrzehnt, bis die ersten Fußballclubs in Galizien gegründet wurden. Aus den Sportgruppen der I. Realschule und des VI. Gymnasiums in Lemberg gingen 1903 die beiden ersten polnischen Fußballvereine Czarni und Lechia Lwów hervor. Am IV. Gymnasium gründetet der Sportlehrer Eugeniusz Piasecki 1904 einen Sport- und Turnklub, der wenige Jahre später den Namen Pogoń Lwów erhielt und bis zum Zweiten Weltkrieg das erfolgreichste polnische Fußballteam war. Nachdem Czarni und das IV. Gymnasium 1906 zu einem Demonstrationswettkampf in Krakau waren, wurden dort die noch heute bekannten Vereine Cracovia und Wisła gegründet.
Wenige Jahre nach der Gründung der ersten polnischen Klubs entstanden jüdische und ukrainische Fußballmannschaften. Im Jahr 1908 wurde der Jüdische Sportklub Hasmonea als Verein des konservativ-bürgerlichen Judentums gegründet. Sein Name leitet sich von der jüdischen Dynastie der Hasmonäer ab und symbolisiert den Kampf des jüdischen Volkes um religiöse und politische Freiheit. Schnell fand Hasmonea seinen Platz unter den besten Lemberger Fußballvereinen. Zugleich war der Klub unter den jüdischen Jugendlichen auch deshalb beliebt, weil er ihnen ein organisiertes jüdisches gesellschaftliches Leben bot.
Auch an den ukrainischen Gymnasien der Stadt wurde um die Jahrhundertwende begeistert Fußball gespielt. Patron des ukrainischen Fußballs in Lemberg war Professor Ivan Boberskyj. Er war Mitbegründer des ukrainischen Sokil Bat’ko und Lehrer am Ukrainisch-Akademischen Gymnasium in Lemberg, wo er die Jugendlichen Fußball spielen ließ. 1906 gründete er dort den Ukrainischen Sportklub und engagierte einen Fußballlehrer aus Tschechien. Um auch an der Universität weiterhin Fußball spielen zu können, gründeten Studenten dann 1911 den Fußballklub Ukraina L´viv.
Wenn der Berliner Schriftsteller Alfred Döblin 1924 von einem furchtbar intensiven Völkerkampf in Lemberg und einer unterirdisch wühlenden Feindschaft und Gewalt schreibt, lässt sich vermuten, dass sich diese Stimmung in den beim Publikum so beliebten Fußballspielen widerspiegelt. Denn gerade die Sport- und Fußballvereine Lembergs waren national definiert und verstanden sich selbst als Ort des nationalen Bewusstseins. Doch von der Atmosphäre bei Begegnungen zwischen polnischen, jüdischen und ukrainischen Clubs ist so gut wie nichts bekannt. Einer der besten Kenner der Lemberger Fußballgeschichte, der Sportjournalist Oleksandr Pauk, ist der Ansicht, das Publikum hätte diese Spiele zwar immer sehr hitzig, aber friedlich begleitet.
Lemberger Fußball im unabhängigen Polen
Die Neuordnung Europas nach dem ersten Weltkrieg brachte für Polen die im 18. Jahrhundert verloren gegangene staatliche Unabhängigkeit zurück, für die Ukrainer in Lemberg zerschlugen sich dagegen entsprechende Hoffnungen auf einen eigenen Staat. Nach den Kriegswirren wurde erstmals 1921 eine gesamtpolnische Fußballmeisterschaft ausgespielt, die der Fußballklub Cracovia Kraków für sich entschied.
In den folgenden Jahren sollte der polnische Fußball jedoch von einem Lemberger Verein bestimmt werden. Pogoń Lwów konnte den polnischen Meistertitel im 1922 nach Lemberg holen und bis 1926 verteidigen. Wegen der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele wurde 1924 allerdings keine Meisterschaft ausgespielt. Erfolgsgarant war für Lemberg ein Ausländer: Bis 1925 war mit Karl Fischer ausgerechnet ein österreichischer Fußballlehrer Meistertrainer in Lemberg. Als es Fischer 1925 zum italienischen Verein Edera Triest zog, brachte die Mannschaft 1926 sogar das Kunststück fertig, ihren Titel ohne Trainer zu verteidigen. Danach endete die große Ära von Pogoń im polnischen Fußball. Trotz einiger zweiter Plätze in der 1927 gegründeten polnischen Fußballliga war dem Verein bis zur Auflösung infolge des Krieges kein Meistertitel mehr beschieden. Wisła Kraków und Cracovia Kraków und der oberschlesische Ruch Chorzów übernahmen die Vorherrschaft im polnischen Fußball. Als einer der bedeutendsten polnischen Vereine pflegte Pogoń seine internationalen Kontakte zu anderen europäischen Teams, insbesondere aus Österreich und Ungarn. Es fanden auch Reisen nach Frankreich und Belgien statt. Im Jahr 1934 konnte sogar der AC Mailand in Lemberg mit 5:3 bezwungen werden.
Im wohl ersten großen Skandal des polnischen Fußballs Ende 1925 spielte der jüdische Klub Hasmonea Lemberg die Hauptrolle. Der kurz zuvor von Hasmonea entlassene österreichische Trainer Friedrich Kerr beschuldigte die Lemberger Vereine Hasmonea, Pogoń, Czarni und Sparta in einem offenen Brief, entgegen dem Amateurstatus des polnischen Fußballverbands Gehälter an die Spieler zu zahlen. Daraufhin sperrte der polnische Fußballverband neun Spieler von Hasmonea wegen unerlaubten „berufsmäßigen Fußballspielens“, drei von ihnen verließen anschließend den Verein. Der Skandal um den Profi-Fußball in Lemberg führte 1927 dazu, dass der polnische Fußballverband eine landesweite Liga einrichtete.
In dieser neuen Fußballliga war Lemberg stark vertreten. Pogoń, Czarni und Hasmonea zählten zu den Gründungsmitgliedern. Mit Lechia Lwów schaffte es ein vierter Lemberger Verein 1931 in die höchste polnische Spielklasse, der sich jedoch nur eine Saison halten konnte. Ähnlich viele Vereine stellten nur Krakau und Warschau. Auffallend ist, dass in der 14 Mannschaften umfassenden ersten polnischen Liga von 1927 gleich drei Vereine nationaler Minderheiten vertreten waren. Neben den beiden jüdischen Klubs Hasmonea aus Lemberg und Jutrzenka aus Krakau war dies der deutsche 1. FC Kattowitz aus Oberschlesien.
Eine besondere Bedeutung für die ukrainische Minderheit im Lemberg der Zwischenkriegszeit besaß der Verein Ukraina L’viv. Denn er galt nicht nur als Repräsentant des ukrainischen Sports, sondern auch der ukrainischen Nation. In die erste polnische Liga schaffte es der Klub allerdings nie. Seine sportlich erfolgreichste Zeit fällt in die zweite Hälfte der 1930er Jahre, als Ukraina L’viv in der höchsten Spielklasse der Region Lemberg mit Konkurrenten wie Czarni, Hasmonea oder Junak Drohobycz regelmäßig um die vorderen Plätze kämpfte.
Wenig bekannt ist die Geschichte des 1923 gegründeten deutschen Sportklubs Vis. Seine Fußballsektion trat nach einigen Freundschaftsspielen 1924 dem polnischen Fußballverband bei, um sich an den Meisterschaftsspielen der Lemberger Mannschaften zu beteiligen. Im Herbst 1925 gewann der Sportklub Vis die Meisterschaft in der untersten C-Klasse. Ein Jahr später wurde die Mannschaft auch in der B-Klasse Meister, verlor jedoch das Qualifikationsspiel zur höchsten Spielklasse der Region Lemberg. Ende der 1920er Jahre schrieb das Ostdeutsche Volksblatt aus Lemberg von einem zunehmend nationalistisch motivierten unsportlichen Verhalten der gegnerischen Mannschaften, der Schiedsrichter und einigen Zuschauer. Aus diesem Grund zog sich der Sportklub Vis 1931 aus dem polnischen Fußballverband zurück und trug keine Meisterschaftsspiele mehr gegen polnische Mannschaften aus.
Lemberger Fußball im Krieg
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 begann das Ende des polnischen Lembergs. Als Folge des Molotow-Ribbentrop-Pakts wurde Mittelosteuropa zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt und Lemberg zu einer sowjetischen Stadt. Die neuen Machthaber lösten die bestehenden polnischen, ukrainischen und jüdischen Sportklubs auf und gründeten an ihrer Stelle neue Vereine mit Namen wie „Dynamo“ „Lokomotive“ oder „Spartak“. Unter den 24 neuen Fußballvereinen avancierte binnen kurzer Zeit Spartak Lemberg zum erfolgreichsten und beliebtesten Klub. Denn der ehemalige Präsident des Arbeitervereins RKS Lemberg versammelte bei Spartak die besten Spieler der früheren Vereine Pogoń, Ukraina und RKS Lemberg. Unter ihnen war auch die spätere polnische Trainerlegende Kazimierz Górski, der in Lemberg seine Fußballkarriere begann.
Nach dem Überfall auf die Sowjetunion nahmen deutsche Truppen am 30. Juni 1941 Lemberg ein. Sport wurde für Polen und Juden verboten, denn die deutschen Besatzer fürchteten, dass die Turn- und Sportvereine zum Hort des nationalen Widerstands werden könnten. In keinem anderen besetzen Land in Europa griffen die Nazis zu einer solchen Maßnahme. Trotzdem trafen sich polnische Mannschaften zu konspirativen Fußballspielen. Ukrainern hingegen wurde das Fußballspielen von den deutschen Besatzern gestattet. In Lemberg gründeten sich ukrainische Fabrik- und Universitätsmannschaften und auch der alte Klub Ukraina wurde wiederbelebt. Von 1942 bis zum Ende der deutschen Besatzung 1944 richteten die westukrainischen Klubs sogar eine eigene Fußballliga aus.
Etliche bekannte Lemberger Fußballspieler überlebten die sowjetische und deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkrieges nicht. So wurde beispielsweise die Lemberger Stürmerlegende Zygmunt Steuermann, die in den 20er und 30er Jahren für Hasmonea und die polnische Nationalmannschaft spielte, im Dezember 1941 im Lemberger Ghetto erschossen. Adolf Zimmer, ebenfalls Nationalspieler und Stürmer von Pogoń Lwów, wurde bereits 1940 vom sowjetischen Geheimdienst NKDW in Charkiw ermordet.
Zu einem seltsamen und höchst umstrittenen Fußballspiel kam es Anfang Juli 1944 in Lemberg. Erstmals spielte eine deutsche Soldatenmannschaft auf dem Platz des deutschen Vereins Vis gegen eine polnische Stadtauswahl. Die Polen gewannen die Begegnung vor 7.000 Zuschauern mit 4:2. Die Untergrundpresse aber beschuldigte die polnischen Spieler, sie hätten sich für den verzweifelten Versuch der deutschen Besatzer vereinnahmen lassen, ein deutsch-polnisches Bündnis gegen die immer näher rückenden Bolschewisten zu schmieden.
Die Kunst der Geschichtsinterpretation
Die Geschichte des Lemberger Fußballs vor dem Zweiten Weltkrieg ist nicht nur für Sportbegeisterte und Nostalgiker von Interesse. Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft erinnert man sich in Lemberg der eigenen Fußballvergangenheit und eröffnet das Spiel der polnisch-ukrainischen Geschichtsinterpretation und nationalen Mythenbildung. Zwei aktuelle Beispiele zeugen davon.
In Polen und der internationalen Fußballwelt gilt das Spiel vom Juli 1894 zwischen den beiden „Sokół“-Mannschaften aus Lemberg und Krakau als das erste polnische Fußballspiel. Mit der Begründung, die Begegnung habe auf „ethnisch ukrainischem Boden“ stattgefunden, erklärte der ukrainische Fußballverband und das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) in Kiew sie vor wenigen Jahren allerdings zum ersten ukrainischen Fußballspiel. Dies teilte man so dem europäischen Fußballverband UEFA mit und errichtete im Lemberger Stryjski-Park ein großes Denkmal zu Ehren des ukrainischen Fußballs. Die Geschichtsinterpretationen auf die Spitze trieb allerdings eine große Brauerei des Landes. Eigens zum 115-jährigen Jubiläum des Fußballs in der Ukraine brachte sie ein Bier auf den Markt. In der entsprechenden Werbung hieß es, die Ukraine habe 1894 Polen mit 1:0 besiegt.
Doch auch die in Lemberg lebende polnische Minderheit entsinnt sich der einstigen Vormachtstellung Lembergs im polnischen Fußball. Im Jahr 2009 gründete sie mit Unterstützung des polnischen Konsulats einen eigenen Fußballklub – Pogoń Lwów. Geschickt greift der Verein den Mythos der besten polnischen Vorkriegsmannschaft auf und vermarktet sich als Wiederbelebung des großen Pogoń. Die staatliche polnische Eisenbahn fungiert als Hauptsponsor und polnische Fußballfans sammelten unter medialer Aufmerksamkeit Spenden für den jungen Lemberger Verein. Noch spielt Pogoń in der vierten ukrainischen Liga. Aber nur wenige der jungen Spieler haben polnische Wurzeln, ihre Ambitionen sind dafür umso größer. Der Verein, so sagt der Vorsitzende Marek Horbań, wolle sich in Richtung professionellen Fußball weiterentwickeln.
In Lemberg, so zeigt die Geschichte, haben Polen und Ukrainer, Juden und Deutsche, über Jahrzehnte gemeinsam (Fußball-)Geschichte geschrieben. Nicht immer reibungslos, nicht immer gemeinsam, aber doch stets eng verbunden. Was eine multikulturelle Erfolgsgeschichte hätte werden können, wurde durch die Schrecken des Zweiten Weltkriegs jäh unterbrochen. Doch die Wurzeln des Lemberger Fußballs sind nicht vergessen, und das 21. Jahrhundert bietet die Chance, die gemeinsame Geschichte fortzuschreiben.
Dieser Beitrag wurde gefördert durch ein Recherchestipendium der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit.
Erschienen in: DIALOG – Deutsch-Polnisches Magazin, Nr. 99, 2012, S. 30-37.