Administration des Permer Gebiets wirbt um neue Investoren

Am 27. Januar präsentierten sich in der Deutschen Botschaft die Vertreter des Gebietes Perm, um neue Investoren und Kooperationspartner in die Region zu locken. Wie wichtig der Permer Gebietsverwaltung Investoren aus Deutschland sind zeigte sich daran, dass der amtierende Gouverneur Oleg Tschirkunow mit einigen seiner Stellvertreter persönlich nach Moskau reiste. In seinem Grußwort sagte Tschirkunow den deutschen Unternehmern, er wolle dafür sorgen, dass die ausländischen Unternehmen im Permer Gebiet erfolgreich sind – und zwar langfristig. Trotz der gegenwärtigen Probleme mit der Sozialreform sei es für ihn eine der wichtigsten Aufgaben, Investoren bei der Ansiedlung in der Uralregion zu unterstützen.

Gelegen an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien im Vorland des mittleren und nördlichen Urals gilt das Permer Gebiet als östlichster Vorposten Europas. In der gut 160.000 km² umfassenden Region leben 2,8 Millionen Menschen. Damit ist das Permer Gebiet, das aufgrund seiner Lage am Fluss Kama auch Prikamje genannt wird, fast halb so groß wie Deutschland, seine Einwohnerzahl entspricht jedoch der von Schleswig-Holstein. Der Anteil der städtischen Bevölkerung beträgt etwa 75 Prozent. Die Gebietshauptstadt ist Perm (eine Million Einwohner). Im Dezember 2005 wird sich das Permer Gebiet mit dem autonomen Bezirk der Komi-Permjaken zum neuen Föderationssubjekt „Permer Region“ vereinigen.

Perm ist 1.100 km von Moskau entfernt, mit dem Flugzeug aber täglich in zwei Stunden zu erreichen. Eine Zugfahrt von Moskau nach Perm beansprucht gut 20 Stunden. Aus Deutschland wird Perm ebenfalls täglich von Aeroflot und drei mal die Woche von der Lufthansa angeflogen. Von den zwei im Permer Gebiet vorhandenen Flughäfen entspricht einer internationalen Standards. Die Transsibirische Eisenbahn gewährleistet sowohl den Zugang nach Sibirien und den Fernen Osten als auch nach Europa. Für die Verkehrsanbindung der Region spielt der Fluß Kama, der durch ein System an Kanälen eine Verbindung zum Kaspischen, Schwarzen und zum Weißen Meer sowie zur Ostsee schafft, eine wichtige Rolle.

Prikamje ist reich an Bodenschätzen. Jährlich werden dort mehr als neun Millionen Tonnen Erdöl und über 400 Millionen Kubikmeter Erdgas gefördert. Mehr als ein Drittel der weltweiten Vorkommen an Kaliumsalzen liegen im Permer Gebiet. Zudem wird eine große Menge Steinsalz abgebaut. Bunt- und Edelmetalle (Magnesium, Titan, Kupfer, Chrom, Blei, Zink, Zinn, Aluminium, Nickel, Mangan sowie Gold und Platin) werden ebenso gefördert und verarbeitet wie Diamanten. Von Bedeutung sind außerdem die Waldressourcen des Permer Gebiets, das eines der führenden Holzverarbeitungszentren Russlands darstellt. Über 60 Prozent der Fläche sind mit Wald bedeckt. Ein Vorteil, der Perm zum Zentrum der russischen Papierindustrie macht, dessen Zellulosefabriken etwa 20 Prozent der russischen Papierproduktion herstellen.

Mit mehr als 500 Industrieunternehmen zählt das Permer Gebiet zu den Industrieregionen Russlands. Zu den wichtigsten Industriezweigen gehören die chemische und petrochemische Industrie, die Brennstoffindustrie, die Elektroenergietechnik, die Hüttenindustrie sowie der Maschinenbau und die Holzverarbeitung. In den ersten neun Monaten des Jahres 2004 betrug der Gesamtumfang der Industrieproduktion 162 Milliarden Rubel ($5,75 Mrd.). Damit wuchs die Industrieproduktion in diesem Zeitraum um 4,4%, wozu insbesondere die Baustoffindustrie (+15,7%), die Chemie- und Petrochemieindustrie (+13,3%) und die Eisenmetallurgie (11,2%) beitrugen. In der Landwirtschaft betrug das Produktionsvolumen von Januar bis November 2004 gut 1,8 Milliarden Rubel ($64 Millionen) und sank damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,9%.

Prikamje gehört zu den wenigen Geberregionen in Russland. Dem Bruttoinlandsprodukt der russischen Subjekte nach belegt das Permer Gebiet Platz 14 von 89 Föderationssubjekten. Auch das neueste Investitionsranking der Zeitschrift Ekspert RA sieht das Permer Gebiet unter den Subjekten der russischen Föderation relativ weit vorn. Für das Permer Gebiet wurde ein mittleres Investitionspotential mit einem gemäßigten Investitionsrisiko (2B) ermittelt. In ganz Russland gibt es keine Region mit minimalem Investitionsrisiko und auch ein hohes Investitionspotential besitzen lediglich fünf Föderationssubjekte. Im Hinblick auf die anstehende Gründung der Permer Region muss allerdings erwähnt werden, dass der autonome Bezirk der Komi-Permjaken mit einem unbedeutenden Potential aber hohem Investitionsrisiko (3C2) sehr schlecht bewertet wurde.

Einer Studie des Moskauer Carnegie-Instituts aus dem Jahr 2002 zufolge gilt das Permer Gebiet als das „demokratischste Subjekt“ der Russischen Föderation. Eine Region in der die Bevölkerung politisch aktiv ist und eine reale Möglichkeit besteht, die Gebietsführung des Subjektes bei Bedarf abzuwählen, bietet Investoren einen relativ hohen Schutz vor Willkürmaßnahmen der Administration. Ob dieser Vorteil nach der jüngsten Reform der Gouverneurswahlen verloren geht, bleibt abzuwarten. Wie die Vertreter des Permer Gebietes immer wieder betonen liegt ein weiter Vorteil ihres Gebietes darin, dass es nicht von Bürokraten geleitet wird, sondern von früheren Geschäftsleuten. Sowohl der amtierende Gouverneur Oleg Tschirkunow als auch seine Stellvertreter kommen aus dem Unternehmerumfeld. Zudem sitzen in der örtlichen Duma viele Manager und Unternehmenseigner. Dies lässt darauf schließen, dass in der Permer Gebietsadministration ein hohes Maß an ökonomischer Sachkompetenz vorhanden ist. Allerdings ist unsicher, ob Tschirkunow nach der Reform des Wahlgesetzes wieder als Gouverneur von Putin vorgeschlagen wird.

Mit der Zusammenlegung des Permer Gebiets und des autonomen Bezirks der Komi-Permjaken wird eine Reform der regionalen Verwaltung einhergehen. Dabei soll zum Grundprinzip dieser Reform werden, eine reale Konkurrenz zwischen staatlichen und privaten Angeboten einzuführen. Die Verwaltung soll motiviert werden, sparsam und effektiv mit den Haushaltsmitteln umzugehen und die Sozialausgaben sollen den wirklichen Kosten angepasst werden.

Nach eigenem Bekunden der Permer Gebietsleitung ist die Wirtschaftspolitik der Region darauf gerichtet, allgemein günstige Bedingungen zu schaffen, um Geschäfte zu führen, Großinvestoren anzulocken und bedeutende Investitionsprojekte umzusetzen. Mit dem Gesetz über die Industriepolitik entschloss sich die Permer Regierung 1998 die Wirtschaftszweige bei der Förderung in vorrangige und weniger vorrangige einzuteilen. Zwar betonen die Verantwortlichen des Permer Gebiets, alle Investitionsvorschläge zu prüfen, doch die investitionspolitischen Schwerpunkte liegen klar in den Bereichen Maschinenbau, Metallurgie, Chemie und Petrochemie. Zu den aussichtsreichsten Zweigen für Kapitalinvestitionen gehören der Energiesektor, die Holzverarbeitung und Zellulose-Papierindustrie, Verkehr, Telekommunikation, forschungsintensive Hochtechnologiebetriebe, die Kommunal- und Wohnungswirtschaft sowie der Tourismus. Führend bei ausländischen Investitionen sind die Bereiche Chemie- und Petrochemie (Anteil: 64,8%) und die elektrotechnische Industrie (18,4%).

Um günstige Investitions- und Entwicklungsbedingungen zu schaffen, sieht die Investitionspolitik des Permer Gebiets eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. Vor allem die Gesetzgebung soll so gestaltet werden, dass sie die Aktivitäten der Wirtschaft unterstützt und die Investitionen absichert. Die Unternehmen des Gebiets sollen ihre Außenwirtschaftstätigkeit entwickeln, in die Weltwirtschaft integriert und so umstrukturiert werden, dass die sich Investitionsanreize erhöhen. Einhergehen soll dies mit der Schaffung eines positiven Images der Region unter russischen und ausländischen Investoren. Zudem hat sich die Gebietsadministration zum Ziel gesetzt, das wissenschaftliche, ökonomische und soziale Potential offen zu legen, das Staatseigentum effektiver zu verwalten und eine transparente Informationspolitik zu betreiben. Weiterhin steht die Entwicklung des Grundstücks- und Immobilienmarktes auf der Agenda der Gebietsverwaltung.

Investitionen lassen sich nach Überzeugung der Gebietsadministration vor allem durch ein Senken der Kosten für die Unternehmungsführung und eine Minimalisierung des Investitionsrisikos in das Permer Gebiet locken. Dafür ist neben der Entwicklung der Infrastruktur, eine entsprechende Steuer- und Tarifpolitik angedacht. Politische Stabilität, eine effektive Verwaltung und eine aktive Informationspolitik sollen das Risiko für Investoren senken. Große Investitionsprojekte werden von der Administration direkt unterstützt.

Der amtierende Gouverneur Oleg Tschirkunow betont, dass der Gesamtumfang ausländischer Investitionen im Jahr 2003 fast $73 Millionen betrug. Neben US-amerikanischen Firmen betätigen sich vor allem Unternehmen aus Deutschland, Großbritannien und Österreich im Permer Gebiet. Aus Deutschland sind zum Beispiel die Firmen Knauf, Stockhausen, Siemens und Lufthansa vertreten. Heinz Jurkowitsch, Generaldirektor der Firma Knauf, sagte zur Investitionsentscheidung seines Betriebes in Prikamje, er halte das Investitionsklima vor Ort für sehr gut. Keinerlei Probleme habe es gegeben, die nötigen Genehmigungen von der Verwaltung zu erhalten. Zudem lobte er die kurzen Wege zur Administration und die gute Ausbildung des Personals. Allerdings sei das Lohnniveau im Permer Gebiet bereits deutlich gestiegen. Von einer sehr partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Gebietsverwaltung berichtet auch Fabian Bade, Regionalmanager der Deutschen Lufthansa in Perm.

Das bereits erwähnte Investitionsranking der Zeitschrift Expert RA bescheinigt dem Permer Gebiet ein gemäßigtes Investitionsrisiko und ein mittleres Investitionspotential. Um das Investitionsrisiko zu ermitteln, untersuchte Expert RA verschiedene Einflussfaktoren, die zum Verlust der Investitionen und den daraus erzielten Gewinnen führen könnten. Verglichen mit den übrigen Regionen Russlands belegt das Permer Gebiet vor allem im gesetzgeberischen, Finanz- und sozialen Bereich vordere Plätze. Nach den politischen und ökonomischen Verhältnissen beurteil, gehört die Region nicht mehr zur Spitze des Landes. Sorgen bereiten die ökologischen Einflussfaktoren und die hohe Kriminalität, bei deren Bewertung das Permer Gebiet zum hinteren Drittel der russischen Förderationssubjekte zählt. Insgesamt ergibt sich nach Gewichtung der einzelnen Indikatoren durch Wirtschaftsfachleute dennoch ein relativ positives Bild des an der Grenze zu Asien gelegenen Gebietes. Im Ranking des geringsten Investitionsrisikos gehört es zu den Top15 Subjekten des Landes und rangiert noch vor Moskau.

Zu den Top15 Subjekten des Landes gehört das Permer Gebiet auch bei der Bewertung des Investitionspotentials. Insbesondere das hohe Potential an Naturressourcen wirkt sich hier positiv auf die Bewertung aus. Im oberen Viertel der russischen Regionen landete Prikamje auch bei der Beurteilung der Arbeits-, Verbraucher-, Produktions-, Institutions- und Innovationsindizes. Einzig die Infrastruktur des Gebietes schneidet im Vergleich mit den übrigen Regionen schlecht ab.

Fazit

Zur Eröffnung der Präsentation des Permer Gebiet bescheinigte der deutsche Botschafter in Moskau Hans-Friedrich von Ploetz dem Permer Gebiet, eine gute Heimat für deutsche Unternehmen zu sein, die sich dort um das kümmern könnten was wirklich wichtig für sie sei – nämlich um ihre Geschäfte. Ploetz bekannte bei seinem letzten Aufenthalt in Perm zum Fan des Gebiets geworden zu sein und empfahl das Permer Gebiet nachdringlich potentiellen deutschen Investoren. Insbesondere das Engagement der derzeitigen Gebietsführung im Wettbewerb um neue Investoren unterscheidet die Region von anderen in Russland und macht sie für Unternehmen aus Deutschland interessant.

Weitere Informationen

Vom 25. bis 28. April 2005 findet eine Unternehmerreise nach Perm statt, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit organisiert wird. Nähere Informationen zur Reise sind bei der Organisationsfirma COMMIT Project Partners GmbH (http://www.commit-pp.com) erhältlich.

http://www.perm.ru – Offizielle Seite der Gebietsverwaltung Perm. Ausführliche Wirtschafts- und Investitionsstatistiken.
http://www.raexpert.ru – Ranking der russischen Regionen

Dieser Artikel erschien zuerst in den Verbandsnachrichten des Verbandes der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation Nr.1 Januar/Februar 2005.

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